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Vorbilder im Glauben: „Die Community ist entscheidend“

Christlichen Eltern liegt meist viel daran, dass ihre Kinder sich auch für den Glauben entscheiden. Doch gerade bei älteren Kindern und Teenagern ist weniger manchmal mehr. Anregungen von Nicola Vollkommer.

Es war der Sonntag, an dem meine Jungs während des Kindergottesdienstes schon wieder vor die Tür gesetzt wurden. Meine Träume, Missionare im Kleinformat, Junior-Bibelexperten oder leistungsstarke Akademiker (weil der Glaube so schlau macht) zu erziehen, lagen wieder einmal in Scherben. Manche gängige Varianten der damals üblichen christlichen Erziehungskultur machten uns Mühe. Die „Erziehe-den-Knaben-und-gib-ihm-keine- Wahl“-Taktik klang mehr wie Gehirnwäsche als das Leben im Überfluss, das Jesus verspricht, und funktionierte sowieso nicht. Zumindest bei uns nicht. Kinder wollen nicht gezüchtet werden.

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Die „Lasst-sie-in-Ruhe-der-Glaube-kommt-vonalleine“- Linie kam für uns aber, aufgrund ihrer Fahrlässigkeit, auch nicht in Frage. Bei unseren Kindern kam wenig Gutes „von alleine“. Familien, deren Glaube nicht aktiv gelebt wird, geben ihren Kindern wenig Ansporn, Gott zu suchen.

Es bleibt für ernsthafte Christen ein zermürbendes Spannungsfeld. Die Entscheidung für den Glauben hat immense Folgen, die laut Bibel über Tod und Leben, Zeit und Ewigkeit entscheiden. Und dennoch kann niemand gezwungen werden, sie zu treffen, unsere eigenen Kinder schon gar nicht. Hammerhart, der Gedanke.

Die Sogkraft des Clans

Die Bibel geht jedoch überraschend entspannt mit dem Thema um. Keiner ihrer Helden ist darauf fixiert, aus seinen Sprösslingen geistliche Paradehengste zu machen. Vielmehr setzt die Bibel vom Anfang bis zum Ende auf einen Einfluss, der effektiver zu sein scheint als viele Tipps in Erziehungsbüchern, die christliche Bücherregale heutzutage füllen. Und zwar auf die Sogkraft des Clans, der Sippe. Männer und Frauen fangen Feuer für Gott, erhalten einen Auftrag und ziehen eine Gefolgschaft hinter sich. Ohne es unbedingt zu beabsichtigen.

Meistens fängt es mit der eigenen Familie an, der Einfluss erstreckt sich jedoch weit über die Familiengrenzen hinaus. Das Alte Testament ist voller Geschichten zu diesem Thema. Abraham soll ein Volk gründen, bei dem Gott sich zu Hause fühlt. Seine Söhne und Enkelsöhne übernehmen und erweitern das Mandat (1. Mose 26,3; 1. Mose 28,14). Gideon wird beauftragt, die Midianiter zu besiegen. Seine Brüder ziehen mit (Richter 8,19). David trotzt dem Spott seiner Familie und schlägt Goliath. Später ist die Familie mit von der Partie (1. Samuel 22,1). Obed-Edom übernimmt für die Bundeslade Verantwortung (2. Samuel 6,11). Bald finden wir Brüder, Onkel, Söhne von ihm überall in den Chroniken verstreut, alle in der Pflege der Stiftshütte engagiert.

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Klar, das Clan-Phänomen gibt es seit Menschengedenken. Äpfel fallen nicht fern von ihren Stämmen, egal wo man hinschaut. Skifahrende Eltern haben skifahrende Kinder. Musikalische Eltern musikalische Kinder. Unser Freund Hansi betreibt Sportstacking, bei dem man Pyramiden von Bechern in einer Blitzgeschwindigkeit auf- und abbaut. Sein junger Sohn macht mit. Im unschlagbaren Doppelpack haben die beiden gerade einen nationalen Wettbewerb gewonnen. Leidenschaft steckt an. Von irgendeinem Clan werden unsere Kinder geprägt, von irgendeiner Leidenschaft mitgerissen. Die Frage ist nur, von welcher, denn ein wertfreies Vakuum gibt es nicht. Auch Einzelgänger bilden Clans, in denen sie ihren Individualismus in einer Sprache hochleben lassen, die erstaunlich gleichgeschaltet klingt.

Wieviel mehr können wir Christen auf die Kraft des Clans setzen! Jugendliche lassen sich auch heute von einem Gott in den Bann ziehen, der das Leben von Menschen auf den Kopf stellt: faszinierend, unwiderstehlich, gnädig in seiner bedingungslosen Liebe, kompromisslos in seinen Ansprüchen. Als Ur-Erfinder des Clans in seiner optimalen, unverfälschten Form ist dieser Gott im Laufe der Jahrtausende weder zahm, harmlos noch irrelevant für die Träume und Sehnsüchte jugendlicher Seelen geworden. Entscheidend dabei sind die Vorbilder, Gottes Anschauungsmaterial.

Überzeugendes Vorbild

Meine Kinder hängten sich in ihren Teenagerjahren an ihren Jugendleiter Gideon. Sein Herz brennt für Jesus und für Jugendliche, in dieser Reihenfolge. Mit seiner Frau zusammen teilt er sein Leben mit jungen Menschen und setzt auf Abenteuer und Mitverantwortung statt auf Konsum und Unterhaltung. Sie gestalten Events zusammen, gehen in die Stadt, um Menschen von Jesus zu erzählen, organisieren Freizeiten, sind auch sonntags am Start, um den Erwachsenengottesdienst aktiv mitzugestalten, bei der Kinderarbeit, in der Küche, in der Technik, in der Musik. Dann gibt es Chrissi, unseren Ober-Royal-Ranger, der das gleiche Konzept mit seinen Teenagerteams ins Freie transportiert: Jede Woche unterwegs mit Jesus und miteinander in Smartphone-freien Pfadfinderidyllen: Lagerfeuer, Schlafsäcke, Wanderungen, Lobpreis, Gebet. Viele Jugendlichen erleben im Laufe dieser regelmäßigen Aktionen entscheidende Lebenswenden. In einer solchen Atmosphäre erübrigt sich sowohl der erhobene Zeigefinger als auch der Versuch, Kirche mit allen Mitteln cool, hip und unterhaltsam zu machen – beides Methoden, die endlosen Stress erzeugen.

Es ist aber leider kein Automatismus. Jugendliche besuchen tolle Jugendgruppen landauf und landab, ohne Jesus zu begegnen. Die wichtigste Prägung für den Lebensweg der Kinder bleiben die Eltern: die Art, wie sie Glaube und Gemeinde vorleben, die Aufteilung ihrer Zeit und ihrer Prioritäten. Mein wichtigstes Vorbild war mein Vater. Er sagte uns nie, dass wir unser Geld teilen, verbindlich in eine Gemeinde gehen, aufrichtig und sauber leben oder Nächstenliebe praktizieren sollen. Er lebte selbst so, strahlte dabei, drückte uns mit starken Armen an sein Herz, hatte immer ein offenes Ohr für unsere Probleme und ein Taschentuch für unsere Tränen bereit. Es kam uns nie in den Sinn, anders zu leben als er. Ein geschätzter Kollege von mir, der selbst ein überzeugendes Vorbild für viele Jugendliche ist, erzählte von seinen Eltern: „Ich traf sie morgens früh häufig betend an.“ Dass so eine tiefe Gottesfurcht eine Auswirkung auf ihre zehn Kinder hatte, ist klar.

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Atmosphäre statt Aktionismus

Kinder für den Glauben zu gewinnen, hat mit Atmosphäre, nicht mit Aktionismus zu tun. Mit Beziehung und Community, nicht in erster Linie mit coolen Events oder religiösen Abläufen. Mit einer Umgebung, in der Kinder nicht performen müssen, sondern auch scheitern, zweifeln, ehrlich sein dürfen. Kirche sollte so erlebt werden: „Die Familie lädt zu Tisch, ich will es nicht verpassen.“ Und nicht: „Schon wieder ein Termin, das ist mir zu viel.“ Und ich meine Kirche jenseits von evangelisch, katholisch, freikirchlich … Menschen, nicht Schilder, bestimmen eine geistliche Kultur. Die alttestamentliche Naomi (Ruth 1,14) gewann das Herz ihrer heidnischen Schwiegertochter Ruth nicht durch Beweise, dass es was bringt, den Gott Israels zu kennen. Im Gegenteil: Mitten in unvorstellbarem Leid haderte sie mit Gott, setzte aber trotzdem auf seine Hilfe. Ihr authentischer Lebensstil reichte, um Ruth zu überzeugen, den Weg des Glaubens mitzugehen. Vorbildlicher Glaube besteht nicht darin, dass alles gut läuft, sondern darin, wie wir uns verhalten, wenn es nicht gut läuft.

Mein Mann und ich haben einen Rat für Eltern, denen daran liegt, ihre Kinder im christlichen Glauben zu erziehen: Sie sollen ihre Familie frühestmöglich in den Dunstkreis eines fröhlichen christlichen Clans bringen, der Jugendlichen mehr Anreiz bietet als ein Diskobesuch oder ein Trinkgelage im Bauwagen. Wir persönlich wären bereit gewesen, umzuziehen und den Job zu ändern, um unsere Kinder unter den Einfluss attraktiver Vorbilder zu bringen. Oder selbst mit gleichgesinnten Familien so eine Gemeinschaft zu gründen, was wir schließlich auch getan haben.

Welchen Lebensentwurf unsere Kinder letztlich für sich aussuchen, bleibt ihr unantastbares Recht. Es gibt keine Garantien, kein wasserdichtes geistliches System. Auch nach unseren eifrigsten Versuchen, Vorbilder zu sein und unsere Kinder in ein gesundes geistliches Umfeld zu bringen, bleibt der Glaube eine freiwillige Entscheidung. Deshalb dürfen sich Eltern keine Vorwürfe machen, deren Kinder andere Wege gehen. Die christlichen Werte, die sie mit auf den Weg bekommen, sind trotzdem ein großer Bonus. Abgesehen davon, dass das letzte Wort noch nicht gesprochen ist. Es gibt nie ein „zu spät“. Wir finden Gott nie in einer Panik, nie händeringend mit der Frage beschäftigt, wer was falsch gemacht hat. Abtrünnige Kinder, die den Weg zum Vater zurückfinden, haben in der Bibel Tradition. Die Gebete leidender Eltern haben auch heute Kraft. Und die Tür zum Haus des Vaters ist immer offen.


Dieser Artikel ist Teil unserer Themenwoche Kinderglaube vom 8. bis 12. Oktober. Er ist zuerst im Magazin Family erschienen, das wie Jesus.de zum SCM Bundes-Verlag gehört.

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