Die Zahl der Christen im Südirak ist in den vergangenen Jahren stark gesunken. Und auch der kleine Rest fühlt sich nicht sicher, berichtet die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV).
Einem Bericht der Gesellschaft zufolge halten nur vier von ehemals fast 20 Kirchen noch Gottesdienste ab. In der südirakischen Metropole Basra lebten laut der GfbV im Jahr 2003 noch 2000 bis 5000 Christen, heute seien es nur noch ca. 500. Die meisten hätten den Südirak verlassen, aus Angst vor Tod oder Entführung. Viele Verbliebene erwägten, in die kurdischen Landesteile oder ins Ausland umzusiedeln. „Direkt nach dem Sturz des Diktators Saddam Husseins beherrschten radikale schiitische Milizen ganze Stadtviertel in Basra. Täglich gab es Anschläge, auch auf christliche Kirchen“, erinnert sich Dr. Kamal Sido, Nahostexperte der Gesellschaft für bedrohte Völker. „Viele sehen die Bedingungen für ein normales christliches Leben in Basra noch immer nicht gegeben.“
Zahlreiche Problemfelder
Selbst die Aussicht auf die kommenden Parlamentswahlen im Oktober 2021 weckten bei den verbliebenen wenig Hoffnung, heißt es dort. Der Papst, der im März dieses Jahres im Irak zu Besuch war, habe die Zentralregierung und die Parteien nicht überzeugen können, der Religionsfreiheit und der Situation von Minderheiten im Land mehr Aufmerksamkeit zu schenken. „Auch im Wahlkampf beachten die Parteien diese Probleme kaum“, so Sido. „Die größten Herausforderungen des Landes, nämlich die Beilegung der Konflikte zwischen der Zentralregierung in Bagdad und der Regionalregierung in Kurdistan, die grassierende Korruption, die schwache Infrastruktur und Abhängigkeit des Irak von Erdöleinnahmen sprechen sie kaum an“, so Sido. Die Einmischung der benachbarten Türkei und des Irans blieben aber das größte Problem, so Sido: Die schiitische Iran unterstütze radikale schiitische Milizen, während sunnitische islamistische Gruppen Hilfe vom NATO-Mitglied Türkei bekämen.
Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) ist eine Menschenrechtsorganisation mit beratendem Status bei den UN und mitwirkendem Status beim Europarat.