- Werbung -

Christliche Singles – Mythen und Fakten (Teil 1)

Wie sehen sich Singles im Umfeld von Gemeinden? Was wünschen sie sich? Das Institut empirica der CVJM Hochschule Kassel hat über 3.200 Singles befragt und liefert in einer Studie spannende Antworten.

Von Tobias Künkler, Tobias Faix und Johanna Weddigen

- Werbung -

In den vergangenen drei Jahren haben wir uns als Institut empirica der CVJM-Hochschule in Kassel mit christlichen Singles beschäftigt und eine aufwändige Studie dazu durchgeführt. Im deutschen Sprachraum wurden 3.235 christliche Singles online befragt und mit 15 christlichen Singles ausführliche Interviews per Telefon geführt. Warum haben wir das getan?

Der Grund ist offensichtlich: Singles werden in Kirchen und Gemeinden oftmals übersehen. Versteht man unter einem Single einen erwachsenen Menschen ohne feste Partnerschaft, dann ist hierzulande im Alter zwischen 18 und 65 Jahren jede dritte Person Single. Singles sind eine in den letzten Jahrzehnten stetig wachsende gesellschaftliche Gruppe. Dies gilt sicherlich auch in Kirche und Gemeinde. Gleichzeitig werden Singles dort immer noch selten wahrgenommen. In den meisten Gemeinden gibt es Angebote für Kinder, Teenager, junge Erwachsene, Senioren etc. Warum nur so selten für Singles?

Die übersehene Gruppe

Woran liegt das? Max bringt es auf den Punkt: „Dem Thema Singles gehört in christlichen Kreisen viel mehr Aufmerksamkeit […] Es geht sonst meistens um Ehepaare oder Familien.“ Im christlichen Kontext stehen Ehe und Familie hoch im Kurs: als Werte, als Ideal und als die am meisten verbreitete und häufig als normal empfundene Lebensform. Oft wird diese auch entsprechend theologisch legitimiert und sogar gefordert. Ohne bösen Willen entsteht daraus aber für viele Singles ein Spannungsfeld, denn wenn Ehe und Familie Ideal und Norm sind, dann ist man als Single quasi automatisch nicht-ideal und nicht-normal – zumindest dann, wenn das Singlesein nicht nur eine Übergangsphase ist, sondern andauert.

Als wir gerade damit begannen, uns mit diesem Thema näher zu beschäftigen, erlebte einer von uns in einem Gottesdienst, dass folgender Satz in der Fürbitte gebetet wurde: „Herr, sei du bei unseren Familien und bei denen, denen es nicht gut geht.“ Sicher sollte damit nicht gesagt werden, dass es allen Singles nicht gut geht. Wahrscheinlicher ist wohl eher, dass in diesem Gebet an die Singles gar nicht gedacht wurde. Aber wo soll man sich als Single in dieser Aussage sonst zuordnen? Für viele Singles ist dies ein symptomatisches Beispiel dafür, dass für christliche Singles vor dem Hintergrund des Ehe- und Familien-Ideals ein Spannungsfeld entsteht, vor dem es gar nicht so leicht ist, sich nicht als defizitär zu betrachten. Magda drückte es in einem der Interviews wie folgt aus: „Ich fühl mich ganz oft in Kirche und Gemeinde ausgegrenzt. Als Single, als Frau, als Nichtverheiratete, als Nichtmutter.“ Magda ist damit nicht allein.

- Werbung -

Singles lieben Gemeinde und leiden auch an ihr

Fast jeder dritte von uns befragte Single fühlt sich in Gemeinde ausgegrenzt oder sogar diskriminiert. Dabei sind die allermeisten mit Gemeinde eng verbunden. 87% von ihnen sind regelmäßige Gottesdienstbesucher und fühlen sich grundsätzlich wohl, haben dort gute Freunde sowie Menschen, mit denen sie gut über persönliche Probleme reden oder auf deren Unterstützung sie vertrauen können, falls sie Hilfe benötigen. Das sind beeindruckende Zahlen und erfreuliche Nachrichten! Gerade in Zeiten von Traditionsabbruch und dem Schrumpfen von Kirche. Gleichzeitig gilt jedoch auch: Über die Hälfte von ihnen haben den ausgeprägten Wunsch, dass Singles besser in der Gemeinde inkludiert werden. 41% haben das Gefühl, dass ihre Bedürfnisse in ihrer Gemeinde vernachlässigt werden. Dazu kommt, dass knapp ein Drittel der befragten Singles (30%) angeben, dass sie als Singles in ihrer Gemeinde weniger Wertschätzung als Familien und Paare erfahren.

Single Mann ernst
Rawpixel / iStock / Getty Images Plus / Getty Images

Die größte Stigmatisierung erleben Singles dabei im mittleren Alter (30 bis 50 Jahre). Dies hat wahrscheinlich damit zu tun, dass in diesem Alter viele Altersgefährtinnen und -gefährten eine eigene Familie gründen oder bereits haben und zeigt wieder, dass die empfundene Stigmatisierung wohl in den seltensten Fällen aus Absicht geschieht, sondern eher durch die Abweichung von der in der Gemeindekultur gelebten Norm(alität). Diese Normalität drückt sich auch darin aus, dass in Gemeinden meist eben nicht alle eins sind. So stimmt wieder nur ein gutes Drittel der Singles der Aussage zu, dass es einen „regen Austausch zwischen Singles und Nicht-Singles in der Gemeinde gibt“. Bedenkt man die hohen Werte bei dem Wunsch nach „gegenseitiger Hilfe“ und „gemeinsamen Gesprächen“ kann man wohl zusammenfassen: Der Kontakt zwischen Singles und Nicht-Singles auf individueller Ebene klappt gut, es gibt enge Verbindungen. Allerdings wünschen sich Singles einen strukturellen Rahmen, in dem sie mit Nicht-Singles in der Gemeinde in Verbindung kommen. Und dieser fehlt häufig.

Strukturell gibt es aber noch ein weiteres Problem: Gut die Hälfte (54%) der befragten Singles wünschen sich Extra-Angebote für sie als Singlegruppe in der Gemeinde. Aber nur 6% sagten in unserer Befragung, dass es in ihrer Gemeinde solche Angebote für Singles gibt. Hier klafft eine große Lücke. Insgesamt kann man wohl sagen: Singles lieben Gemeinde, aber leiden an ihr. Man muss sich dabei vor Augen halten, dass weitere Ergebnisse der Studie klar zeigen, dass Gemeinde für Singles eine besondere Rolle spielt. Sie ist häufig ein wichtiger Ort von Gemeinschaft, Eingebundensein und Freizeitgestaltung. Wir konnten in der Studie tatsächlich einen positiven Zusammenhang zwischen Gottesdienstbesuch und Lebenszufriedenheit messen. Aber auch zwischen Stigmatisierung in der Gemeinde und Lebenszufriedenheit sowie Selbstwert.

- Werbung -

Tobias Künkler ist Professor für interdisziplinäre Grundlagen der Sozialen Arbeit und Leiter des Institutes empirica an der CVJM-Hochschule
Tobias Faix ist Professor für Praktische Theologie an der CVJM-Hochschule in Kassel
Johanna Weddigen ist Referentin bei Alpha Deutschland

— Teil 2 finden Sie hier

Links:


Aufatmen Cover 2_20Dieser Artikel ist zuerst im Magazin AUFATMEN erschienen. AUFATMEN wird vom SCM Bundes-Verlag herausgebracht zu dem auch Jesus.de gehört.

 

 

 

 

Konnten wir dich inspirieren?

Jesus.de ist gemeinnützig und spendenfinanziert – christlicher, positiver Journalismus für Menschen, die aus dem Glauben leben wollen. Magst du uns helfen, das Angebot finanziell mitzutragen?

NEWSLETTER

BLICKPUNKT - unser Tagesrückblick
täglich von Mo. bis Fr.

Wie wir Deine persönlichen Daten schützen, erfährst du in unserer Datenschutzerklärung.
Abmeldung im NL selbst oder per Mail an info@jesus.de

Zuletzt veröffentlicht