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Auftrag Umwelt: Herrschen oder bewahren?

Pastor Tobias Teichen hinterfragt theologisch unseren Umgang mit dem Planeten Erde. Dabei hilft ihm die Gartenarbeit.

Die letzten Monate haben bei den meisten von uns viele Spuren hinterlassen. Jeder könnte erzählen, wie sich die Perspektive aufs eigene Leben und unsere Umwelt verändert hat. Meine Veränderung hat mit meinem Garten zu tun – einem typischen Münchner Garten: gefühlte zehn Quadratmeter groß, wir reden hier also nicht über irgendwelche Anwesen. Vor Corona hatte ich einen Liegestuhl im Garten stehen, in den ich mich gelegt habe, wenn ich Feierabend hatte. Punkt. Ich habe in diesen Garten nichts investiert, außer den Rasen zu mähen, wenn er zu hoch war. Ansonsten wollte ich meine Ruhe vom Garten haben. Ich fand Gartenarbeit ein bisschen spießig und außerdem anstrengend.

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Herrschen?

Dann kam Corona. Während des ersten Lockdowns konnte ich nicht viel machen, aber immerhin in den Garten gehen. Da war ich schon sehr gesegnet. Und ich habe angefangen, in den Garten zu investieren, unter anderem in Gras. Bis dahin hatte ich meine Nachbarn nur um ihr schönes Gras beneidet. Jetzt wuchs es auch bei mir und auf einmal habe ich mich wohlgefühlt in meinem Garten.

In der Zeit habe ich auch eine Bibelstelle neu entdeckt. In 1. Mose 1,28 heißt es: „Und Gott segnete sie und gab ihnen den Auftrag: ‚Seid fruchtbar und vermehrt euch, bevölkert die Erde und nehmt sie in Besitz. Herrscht über die Fische im Meer, die Vögel in der Luft und alle Tiere auf der Erde.“

In dieser Übersetzung lesen wir zwei sehr starke Formulierungen: „in Besitz nehmen“ und „herrschen“. Da kommen bei mir keine guten Assoziationen auf. Herrschen heißt: „Ich Boss, du nix!“ – oder? Da geht es um mich, um meinen Besitz und darum, dass ich nicht zu kurz komme. Dieses Mindset wurde bei uns in der westlichen Welt über Jahrhunderte und Jahrtausende vom Christentum so ähnlich gepflegt: Es geht um mich. Was mache ich, wenn ich Ressourcen brauche? Ich nehme sie mir! Ich nehme sie in Besitz.

Der erste Teil der Bibel ist in Hebräisch geschrieben, deshalb schauen wir mal in den hebräischen Text. Da heißt „in Besitz nehmen“ kabash und „herrschen“ radah. Da schwingen ganz andere Nuancen mit. kabash bedeutet „etwas unter die Füße nehmen“ oder es beschreibt die liebevolle Arbeit eines Gärtners, der die Erde segensvoll bewirtschaftet. In diesem Text geht es darum, dass die komplette Schöpfung – alles, was da ist – dein und mein Auftrag ist. Wir sind von Gott als Verwalter eingesetzt, als Gärtner in dieser Schöpfung. Und das zweite Wort , radah , beschreibt den fürsorglichen Umgang eines Hirten mit seiner Herde.

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Schlechtes Zeugnis

In Psalm 24,1 heißt es: „Dem Herrn gehört die ganze Erde und alles, was auf ihr lebt.“ Dafür setzt Gott dich und mich als Verwalter ein. Er sagt: „Ich vertrau e dir Gaben , Zeit und Ressourcen an – und du kannst entscheiden, wie du sie einsetzt.“ Gott will, dass wir Verantwortung übernehmen und uns in seinem Sinne einbringen. Ich glaube: Irgendwann werden wir vor Gott stehen und uns für unser Handeln verantworten müssen. Deshalb musste ich mich mit mir selbst auseinandersetzen: Wenn ich mir selbst ein Verwalterzeugnis geben würde im Umgang mit dem Planeten Erde, welche Note würde ich mir geben?

Woran merkt man, dass ein Verwalter sich mit seiner Firma identifiziert? Indem er sich für sie einsetzt. Wenn ich die Firma an die Wand fahre und dabei denke: „Die Firma gehört mir ja nicht, kann mir egal sein!“ , beweise ich keine gute Verwalter-Einstellung.
Oder nehmen wir auf der anderen Seite ein Haustier. Was würde passieren, wenn ich deinem Haustier etwas antun wollte? Du würdest eine Reaktion zeigen – schließlich ist es dein Tier! Wenn ich es anfasse oder quäle, ist dir das nicht egal. Du setzt dich für dein Tier ein. Nun liegt der ganze Planet Erde in unserer Verantwortung. Was ist, wenn andere Tiere gequält werden , wie bei der Massentierhaltung? Sage ich dazu: „Ist ja nicht mein Tier“? Wir sind aber von Gott als Gärtner und als Hirten dafür eingesetzt, dass dieser Planet Erde funktioniert.

Noch ein anderes Beispiel: Ich bin jetzt ein Hobbygärtner, der seine zehn Quadratmeter liebevoll bewirtschaftet. Wenn jemand Müll in meinen Garten schmeißt, sage ich: „Wenn du meinen Garten vermüllst, kriegst du es mit mir zu tun!“ Du ahnst schon, worauf das hinausläuft. Wenn jemand Raubbau an unserer Erde verübt oder das Meer vermüllt, sagen alle: „Ja, das ist schlimm, was die mit dem Meer machen. Aber ich fühle dafür keine Verantwortung.“ Wenn wir unsere Aufgabe als Verwalter für alle Ressourcen ernst nehmen, wird das unsere Perspektive verändern.

Faktencheck

Lass uns einen Faktencheck machen. Ich mache ihn seit einigen Monaten für mein Leben und die Ergebnisse sind sehr unangenehm. Gucken wir uns die Tiere an. In 1. Mose 9,9 sagt Gott: „Ich richte einen Bund mit euch auf und mit euren Nachkommen und mit jedem lebenden Wesen, das bei euch ist, an Vögeln, an Vieh und an allen Tieren der Erde bei euch, von allem, was aus der Arche gegangen ist, von allen Tieren der Erde.“ In Johannes 3,16 -17 wird gesagt: „So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen Sohn gab, […] damit die Welt gerettet wird.“ Die Welt heißt auf Griechisch kosmos und umfasst alles. Gott schließt alles mit ein. Menschen, Tiere, die ganze Schöpfung.

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In 5. Mose 25,4 lesen wir ein sehr interessantes Prinzip: „Du sollst dem Ochsen nicht das Maul verbinden, wenn er drischt.“ Die biblische Art, mit Tieren umzugehen, wie ich sie verstehe, bedeutet nicht, dass wir Tiere anbeten oder dass sie über dem Menschen stehen. Es heißt auch nicht, dass es keine Nutztiere geben soll oder wir kein Fleisch essen dürfen. Es heißt aber, dass der Umgang mit den Tieren entscheidend ist. Ich verbinde dem Ochsen das Maul nicht: Er soll fressen, er soll gut gehalten werden. Das lesen wir auch in Sprüche 12,10: „Der Gerechte kümmert sich um das Wohlergehen seines Viehs, aber das Herz der Gottlosen ist grausam.“

Gott setzt uns als Gärtner und Hirten ein, die den Planeten gut verwalten. Er gibt uns Freiheit und Verantwortung. Warum handeln wir nicht danach?

Erstens: Wir haben nicht die Perspektive dafür, dass es uns betrifft. Zweitens: Wir haben Egoismus und Habgier in uns. Sie führen dazu, dass ich nur an mich denke: Was brauche ich? Was konsumiere ich? Was will ich? Sie lassen mich vergessen, welchen Plan und welche Ziele Gott hat. Wir unterstützen mit unserem Konsum ein System, das immer mehr will, immer mehr braucht.

Apfelbaum hüten

Ich möchte zu einem Perspektivwechsel einladen. Ich kann sagen: „Ich kann ja nichts dafür, ich habe nur eine Hose gekauft. Kann ich doch nichts dafür, wenn die unter menschenverachtenden Bedingungen hergestellt wird und wenn dabei die Umwelt verschmutzt wird.“ Oder: „Ich kann doch nichts dafür, wenn Tiere gequält werden. Wenn ich für 99 Cent ein Kilo Hackfleisch kriege, dann kaufe ich das einfach.“ Aber mein Konsum hat Einfluss auf das, was passiert. Ich kann mich da nicht herausreden! Soziale Gerechtigkeit, Umweltschutz und Konsum gehören zusammen.

Wenn ich in meinem Garten einen Apfelbaum habe, freue ich mich, wenn daran Früchte wachsen. Als Hobbygärtner ist mir bewusst: Wenn ich nächstes Jahr wieder Äpfel ernten will, muss dieser Baum überleben. Wenn ich im Winter Brennholz brauche, denke ich also nicht: Dann hacke ich den Baum eben ab und nehme das Holz. So funktioniert es nicht. Als Hobbygärtner ist mir klar: Ich muss den Baum pflegen und nachhaltig denken. Genau dasselbe gilt für unseren Planeten Erde. Ändern wir unsere Perspektive und werden gute Verwalter, Gärtner und Hirten?

Tobias Teichen ist Gründer und Leiter der ICF München


Diesen Artikel schrieb Tobias Teichen für die Zeitschrift andersLeben. andersLeben wird vom SCM Bundes-Verlag herausgegeben, zu dem auch Jesus.de gehört. 

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