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Jesus spricht: Ich bin nicht gekommen, um Gerechte zu rufen, sondern Sünder. | Markus 2,17

Von Ingo Scharwächter

Bin ich eigentlich ein Sünder? Nach aktueller Sünden-Definition? Schauen wir uns meine Bilanz an: Ja, ich fürchte, ich bin Klimasünder – mein CO2-Fußabdruck dürfte trotz Pellet-Heizung deutlich zu hoch sein. Aber immerhin bin ich kein Umweltsünder, der Altreifen oder Pizzakartons einfach an den Straßenrand wirft. Ich hebe sogar den Müll anderer im Wald auf. Doping-Sünder bin ich auch nicht, ich habe mir noch nie eine Olympia-Medaille mit unerlaubten Substanzen erschlichen. Ehrlich gesagt habe ich gar keine Olympia- und auch sonst keine Medaille. Da war ich nie in Versuchung. Egal. Steuersünder bin ich auch nicht und wenn doch, dann nur aus Unwissenheit. In der Verkehrssünderkartei in Flensburg habe ich noch nie einen Punkt gehabt, auch wenn ich letztens aus Versehen über eine rote Ampel gefahren bin – ich wurde halt nicht erwischt. Ich bin auch kein Corona-Sünder, der trotz Pandemie wilde Partys feiert. Was vielleicht aber daran liegt, dass ich auch sonst keine wilden Partys feiere. Kurz und gut: Ich habe alles in allem eine ganz brauchbare Sünden-Bilanz. Oder?

Aber sie ist schon komisch, die Sache mit der Sünde. Da hat die Entwicklung der letzten Jahrzehnte dafür gesorgt, dass einige Dinge von der Sündenliste verschwunden sind. Sexuelle Sünden gibt es z.B. nach aktueller Sündendefinition in unserer westlichen Welt nicht mehr, so weit alle Beteiligten erwachsen sind und freiwillig bei der Sache sind. Ob Gott da vielleicht anderer Meinung ist, interessiert nur noch wenige. Aber die Sündenliste ist durch die Streichungen nicht kürzer geworden. Denn es sind eine Menge Sünden neu in die Liste aufgenommen worden oder stehen kurz davor. Ich bin z.B. schon gar nicht mehr sicher, ob es noch in Ordnung ist, wenn ich online bestelle. Also bei dem großen Online-Händler, der so wenig Steuern bezahlt und so schlechte Arbeitsbedingungen hat. Eigentlich nicht zu verantworten. Und Fleisch essen!? Eigentlich ein No-Go heute. Oder höchstens noch Wildschwein.

Wir kommen nicht drum herum, um die Sache mit der Sünde. Egal, ob Menschen an Gott glauben oder nicht: Wir bewerten, was gut ist und was böse ist, was richtig ist und was falsch. Bei uns selbst und bei anderen. Wobei wir meistens dazu neigen, uns über das Verhalten anderer aufzuregen und unser eigenes Verhalten ganz in Ordnung zu finden. Es gibt dafür sogar einen psychologischen Mechanismus, den man mit dem schönen Begriff „Dissonanzreduktion“ bezeichnet. Das bedeutet: Wir tun ziemlich häufig Dinge, von denen wir wissen, dass sie nicht gut sind und finden dann Gründe, mit denen wir sie dennoch rechtfertigen. Wir essen z.B. zu viel Schokolade. Aber gab es da nicht letztens eine Studie darüber, dass Kakao gut ist fürs Herz? Und überhaupt: Ständig grillen ist ja noch schlimmer. Und ich kaufe ja auch immer Fairtrade-Schokolade, also schlemme ich ja für die armen Kakaobauern in Costa Rica. Das ist Dissonanzreduktion bei Kaloriensünden. Man kann das auch einfacher „Selbstrechtfertigung“ nennen. Und wir wenden dieses Prinzip nicht nur bei Schokolade an.

Nun aber sagt Jesus diesen verstörenden Satz: „Ich bin nicht gekommen, um Gerechte zu rufen, sondern Sünder.“ Er ist nicht für Dissonanzreduzierer gekommen, sondern für Dissonanzbekenner. Jesus ist für Sünder da so wie ein Arzt für Kranke. Martin Luther hat darum in einem Brief an Georg Spenlein folgenden Rat gegeben: „Hüte dich darum, je solche Reinheit anzustreben, dass du vor dir nicht mehr als Sünder erscheinen willst, ja gar keinen mehr sein willst. Denn Christus wohnt nur unter Sündern.“ Und nur Sünder ruft er zur Umkehr: Klimasünder, Umweltsünder, Dopingsünder, Steuersünder, Verkehrssünder und Coronasünder. Und alle anderen Sünder auch. Darum kann ich nur sagen: Ich bin ein Sünder. Gott sei Dank! Denn Jesus ist für mich gekommen.

Ingo Scharwächter ist Pastor im Bund freier evangelischer Gemeinden (FeG)


Noch mehr „Ich bin“-Worte findest du hier. Weitere Jesus-Inhalte, Artikel und Büchertipps haben wir auf dieser Seite zusammengestellt.

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1 Kommentar

  1. Jesus versöhnt uns mit Gott

    „Nun aber sagt Jesus diesen verstörenden Satz: Ich bin nicht gekommen, um Gerechte zu rufen, sondern Sünder. Jesus ist für Sünder da, so wie ein Arzt für Kranke“! Diese Aussage von Inge Scharwächter ist eines der vielen Herausstellungsmerkmale des Juden Jesus von Nazareth, in dem Gott ganz Wohnung genommen hatte. Gott selbst wurde Mensch, (nicht nur) weil wir nicht vollkommen sind. Umgangssprachlich ausgedrückt: Jede und jeder hat Leichen im Keller seiner Seele. Die Ehebrecherin wollte Jesus nicht verurteilen und sein Ausspruch ist legendär: „Wer unter euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein“! Die Strafe für Ehebruch war ein beispielloser Gewaltakt, jemand so lange mit schweren Steinen zu bewerfen bis der Tod eintrat. Jesus ist es am Ende seines Lebens mit den Mitteln der römischen Todesstrafe ebenso ergangen. Dem formalen Gerichtsverfahren folgte die Verspottung und Erniedrigung durch die Soldateska, auch musste er sein schweres Kreuz selbst auf die Schädelstätte hinaufschleppen. Dann wurde ein Mensch, wie viele andere Menschen (möglicherweise auch mit großen Nägeln), an einen Stamm mit einem Querbalken genagelt. Jesus allerdings als völlig Unschuldiger, keiner der den Aufstand gegen die römische Besatzungsmacht predigte: Aber für Liebe zu allen Menschen und zu Gott. Etwa auch 77×7 zu vergeben, also niemals über einem anderen Menschen endgültig den Stab zu brechen. Die Feindesliebe zu praktizieren ist ebenso eine sehr große Zumutung, die aber der Sohn Gottes wie in einem großen Abschlussakt seines irdischen Lebens exemplarisch vorlebte und aushielt. Er hing an diesem Stamm mit Querbalken, mit kaum auszuhaltenden Schmerzen und unendlicher Angst (er war ja nicht nur Gott selbst, sondern wie eine zweite Person auch ein Mensch). Er wehrte sich nicht gegen dieses große offensichtliche Unrecht. Hass war für ihn kein Berater, sondern nur die universelle Liebe. In 1. Korinther 13 steht, wie wir (vollständig erst im Himmel) sind – und zugleich wie Gott ist.

    Die Geschichte vom Kreuzestod Jesu beschreibt, wie Gott sich mit uns versöhnt: Mit völlig unverdienter Liebe. Theologen (ich bin keiner) haben das Kreuzesgeschehen immer wieder ausgedeutet. Eine der Interpretationen, die auch den biblischen Berichten nahekommt, lautet: Das Kreuz ist wie eine himmlische notarielle Urkunde. Wie der angenagelte Gottessohn wird hier unsere Sünde am Kreuz angenagelt und damit durchgestrichen. Es wird ungültig, dass wir Leichen im Keller unserer Seele haben. Der Schöpfer aller Dinge ist (sogar zärtliche) Liebe, er ist uns ganz nahe, obwohl er ein unendliches Universum regiert. Eine solch ausgestreckte Hand des Himmels sollten wir nicht ausschlagen und uns mit dem Schöpfer aller Dinge versöhnen lassen. Der unendlich weit entfernte Schöpfer wird uns zum Vater (und Mutter), er geht neben uns und hat immer Sprechstunde.

    Aber was ist Sünde: Es ist die Trennung von Gott und damit von der Liebe, die Jesus vorlebte und weshalb alles überhaupt existiert. Ich glaube aber, dass die sogenannte gefallene Schöpfung ein universelles Geschehen ist. Das Fressen und Gefressenwerden im Tierreich korrespondiert auch mit unserer Menschenwelt, die sich oft darstellt wie ein Haifischbecken. Die Sünde ist daher nicht nur unser Fehlverhalten, unsere Leichen im Keller. Aber jedes Fehlverhalten, jede Lieblosigkeit und letztlich auch die ganz schlimmen Verbrechen sind Auswirkungen dieses Urgeschehens, welches uns als Sündenfall in der Schöpfungsgeschichte erzählt wird. Sie ist wie ein antikes Glaubensbekenntnis und beschreibt, dass sich die Schöpfung selbst gegen ihren Schöpfer gewandt hat. Wir sind alle Adam und Eva, die das Paradies verloren – und zugleich sind wir wie der Neue Adam Jesus Christus. Etwa wie Saulus vor Damaskus als Christenmörder, der plötzlich dem großen Licht der Liebe Gottes begegnet. Er will und er kann auch gar nicht anders als sich mit Gott zu versöhnen. Paulus vollendete damit seine Berufung. Aber auch Paulus sagte, dass er das Gute nicht tut, was er tun wollte, aber das Böse, das er nicht tun wollte. Ich, alle andere Menschen, selbst Kirchenpräsidenten und der Papst sind Sünder. Aber die Sünden hängen am Stamm des Kreuzes von Golgatha. Wenn Christus der neue Adam ist, der dem Paradies angehört, dann sind wir auch diejenigen, die in dieses Paradies berufen sind. Dies ist ein völlig neues Universum, also ein Neuer Himmel und eine Neue Erde. Ich gehöre zu den Menschen die hoffen und glauben, dass die ganze Schöpfung erlöst wird und niemand auf dem Weg in den Himmel verloren geht. Am Ende der Zeiten auf dieser Erde und später dieses Universums, werden sich alle Knie vor Jesus Christus beugen und sich damit freiwillig mit Gott versöhnen. Diese Aussage ist einfach deshalb logisch, weil Gott einerseits nicht scheitern kann und die destruktiven Kräfte gegen ihn nicht gewinnen können.

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